• 28.03.2024 14:46

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Herbert Grönemeyer – 12

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Die sachliche “12” steht für die neue Veröffentlichung Herbert Grönemeyer’s. Fünf lange Jahre nach seinem berührenden Album “Mensch” hat Herbert uns wieder etwas zu sagen. Darum lassen wir ihn selber sprechen:

Der Künstler über die CD

Lied 1 ” Stück vom Himmel
“Stück vom Himmel” ist der Versuch, mich dem Thema zu nähern, dass plötzlich alle Leute religiös werden. Man versucht sich zu definieren über seine Religion. Für mich ist auch der Irak-Krieg zum Teil ein religiöser Krieg. Tony Blair hat auch im englischen Fernsehen zugegeben, dass er sich seiner Meinung nach nur Gott gegenüber verantwortlich fühlt. Ich warne einfach nur davor. Die Welt ist nur noch gemeinsam zu retten. Wir rücken einfach näher zusammen. Alles, was passiert, ist sofort global. Jeder Virus. Die Armut. Alles. Der Versuch, vorsichtig mit Religion umzugehen. Das ist wunderbar für jeden Einzelnen, als ein eigenes moralisches Gerüst im Kopf, aber man darf nicht plötzlich anfangen, das als Identifikation zu nehmen oder wie ein Etikett zu tragen. Oder am besten noch: Christentum gleich reich, und dadurch besser, erfolgreicher. Im Grunde genommen einfach zu sagen: Diese Welt halten wir alle in den Händen, entspannt, aber nur wenn man sich wirklich öffnet und nicht anfängt, sich plötzlich durch Religion zu separieren und voneinander zu trennen. Das ist im Grunde genommen der Sinn dieses Liedes. Musikalisch sicherlich der Versuch ” und das ist beim ganzen Album so, das ist ja wie eine Trilogie, das ist nach “Bleibt alles anders” und “Mensch” das dritte Album, das ich mit Alex Silva, meinem Co-Produzenten, mache. Ist sehr streicherorientiert zum Teil, auch sehr pompös, aber wir haben gedacht, “Bleibt alles anders” war sehr reduziert, “Mensch” lag so in der Mitte und jetzt gehen wir halt, wie der Engländer sagt, und “embracen”, küssen. Wenn etwas groß sein kann, dann haben wir es auch übertrieben oder richtig hoch gezogen. Hier bei “Stück vom Himmel” natürlich die Streicher und großes Orchester. Aber ich denke, wir haben immer versucht, die Balance zu wahren, dass es nicht nervt. Das ist generell bei dem Album so. Hinzu kommt, das ist so wie eine Ouvertüre. Das merkt man auch am Schluss. Das Album wird abgeschlossen von einem Schlusstusch.

Lied 2 ” Kopf hoch, tanzen
Das ist im Grunde genommen der umgekehrte Versuch – auch musikalisch lehnt sich das eher an New Wave an. Synthie, Sequencer und 150 bpm. Da geht es darum, dass man aufhören sollte, alles ständig zu vergrübeln, alles ständig zu sezieren, weil wir Deutschen auch das Land der Ingenieure sind. Ingenieur sein ist auch nicht glamourös. Dass man einfach auch den Moment zelebriert, sich freut. Deswegen auch: Kopf hoch, tanzen. Alle Fragen der Welt kannst du eh nicht lösen. Du schleppst mit dir schon genug Fragen rum. Jetzt komm einfach tanzen. Du musst dich nicht schuldig fühlen, wenn du gerade mal nicht denkst. Was wahnsinnig schwer ist, aber kann ja auch mal vorkommen. Das ist im Grunde genommen der Gegenpol zu “Stück vom Himmel”. Wobei das da auch anklingt, aber einfach eine Lebenslust, das Leben annehmen, dem entgegen gehen und sich daran freuen. Aber musikalisch auch ganz stark der Versuch, eine Reminiszenz an New Wave zu schaffen. Ich war ja eher so post-Neue-Deutsche-Welle mit meinen Versuchen wie “Männer”. Die Motivation war dieses Ingenieur sein. Woher kommt das maschinelle Gespür” Auch der Sinn für Technik. Dass man eben alles analysiert. Dann kommt man natürlich zu Redewendungen. Wie weint man eine Träne nach” Ich wein ihm keine Träne nach. Wie geht das überhaupt” Rein ingenieurstechnisch. Wie kann man nur eine einzige Träne weinen” Ich wein ihm keine Träne nach. Im Grunde genommen, dies ad absurdum zu führen. Oder auch die berühmte Frage, die mein Bruder immer stellte: Warum eigentlich immer ich” Immer, wenn er was tun sollte wie Abwaschen. Warum eigentlich immer ich” Auch dieses Selbstmitleid ein bisschen. Dann sag ich ja auch an einer Stelle: Geht”s noch” Nach dem Motto: Mir fällt nichts Blöderes mehr ein. Eine Massierung von albernen, bisschen sinnvolleren Fragen. Wo geht”s hier eigentlich zum Spaß” Wie geht man den Gang der Dinge” Ein Wortspiel mit Redewendungen, die ein wenig verdreht, was ich generell ganz gerne mache. Herkömmliche Redensweisen nehmen und durch eine Wortveränderung oder leichtes Verdrehen bekommen die dann einen völlig anderen Sinn. Aber es geht nicht um größeren Sinn. Hinter manchen Dingen steckt auch kein Sinn. Das ist auch gut so. Man muss nicht hinter allem Sinn suchen. Der Hauptsinn ist, dass wir hier leben und dass man sich das Beste daraus bastelt.

Lied 3 ” Du bist die
Das ist ein Liebeslied an meine Freundin. Ihr das klar zu machen. Auch ein Liebeslied generell, von zwei Personen, die unabhängig sind. Niemand gehört niemandem. Keiner sollte an dem anderen herumbasteln. Das sind zwei autarke Personen, die das Glück haben, sich gefunden zu haben, die miteinander hoffentlich das Leben gemeinsam gehen, was man nie weiß. Hinter jeder Freude, hinter Glück steckt natürlich immer die Angst, es könnte irgendwann vorbei sein, aber das muss man auch immer mit einbeziehen. Ich habe das als Ballade geschrieben. Das war die erste Nummer, die ich fürs Album geschrieben habe. In Köln im Hyatt, lustigerweise. Da steht ein Klavier im Zimmer. Die Nummer habe ich im Winter 2002 geschrieben. Das war im Grunde genommen das Kernstück. Da wusste ich, jetzt kommt etwas Neues, musikalisch. Das war als ganz stille Ballade gespielt. Dann haben wir versucht, vom Mittelteil an, das etwas hochzuziehen. Ich bin gewohnt, alle Sachen zunächst allein am Klavier zu spielen, sing die dann auch so ein. Das war relativ klein und ist jetzt etwas wuchtiger geworden. Das war das Urstück des Albums. Es ist das erste Stück, um das sich alle anderen Stücke reihen.

Lied 4 ” Marlene
Der Titel ist vielleicht etwas speziell. “Marlene” kam daher, dass ich Alex zeigen wollte, es gibt so eine typische deutsche Art, Lieder zu schreiben. Als ich die Musik geschrieben habe, habe ich versucht, ihm an Hand von “Lili Marleen” das zu erklären. “Wie einst Lili Marleen, vor der Laterne, vor dem großen Tor”. Das hat auch diese Sehnsucht. Das Lied beinhaltet diese Sehnsucht. Ich arbeite ja auch zusammen mit der Gruppe “Deine Stimme gegen Armut”, die weltweit versucht, sich um die Armutsbekämpfung zu kümmern, bzw. die G8-Staaten daran zu erinnern, dass sie versprochen haben in den Jahren 2000 bis 2015 die extreme Armut zu halbieren. In diesem Zusammenhang habe ich mit Gruppierungen gearbeitet, die sich um AIDS-Bekämpfung kümmern. Es gibt dieses Drama, dass in Afrika 40 Millionen Menschen infiziert sind. Davon kriegen knapp zehn Prozent, wenn überhaupt, das Medikament. Es gibt ein Medikament ” was ich gelernt hab, was ich auch nicht so genau wusste ” das man zweimal am Tag nimmt und was diese Krankheit zumindest im Schach hält. Wenn wir in Europa eine AIDS-Epidemie hätten und plötzlich 100.000 Menschen infiziert wären, wäre das Medikament sofort vorhanden. Ich denke, jeder würde das sofort kriegen. Wir gucken zynisch auf Afrika und sehen im Grunde genommen Menschen beim Sterben zu. Ich dachte, wenn man sich mal an einem Beispiel klarmacht, dass ein Ehepaar, die beide infiziert sind, die Kinder haben und die nur eine Ration kriegen ” und das ist wirklich so ” dass die dann entscheiden müssen, wer es nimmt und wer es nicht nimmt. Wer es nicht nimmt, der weiß, dass diese Entscheidung auch seinen Tod bedeutet. Da geht es an einem Beispiel eines Ehepaars, wo der Mann eben gestorben ist, wie man den Wahnsinn, diesen Zynismus erklärt. Unsere Generation wird von unseren Kindern sicherlich daran gemessen, wie schnell wir es schaffen, in Afrika, in Südamerika oder auch in Russland dieses Medikament zur Verfügung zu stellen. Das ist wirklich eine Gemeinheit und spiegelt uns im Grunde genommen wider: Sobald es eben nicht vor der eigenen Tür ist, haben wir eine unglaubliche Überheblichkeit und das ist einfach ein Unding. (“) “Marlene” war als atmosphärische Nummer geplant und da ging es ganz stark um das prägende Sentiment, was es auch bei “Lili Marleen” gibt, nämlich Sehnsucht. Jemanden, den man verloren hat, gerne wieder bei sich zu haben.

Lied 5 ” Flüsternde Zeit
Das hieß “Whispering Times” im Englischen. Ich singe immer so Bananentexte. In dem Bananentext kam diese Zeile “Whispering Times” vor. Dann wollte ich halt schreiben über diese große Koalition, die wir haben, die sich an Harmlosigkeit nicht überbietet, die weder schlecht spielt noch gut, die einfach gar nicht vorkommt. Meiner Meinung nach haben die Deutschen ” ich leb ja nun in England ” während der WM ein Bild von Deutschland abgegeben, wo speziell die Engländer ” die immer nur warten auf Blitzkrieg und Pickelhauben ” völlig perplex waren von der Gastfreundschaft und dieser Leichtigkeit in Deutschland. Das war ein Signal, wie Deutschland mal in acht, zehn, vielleicht fünfzehn Jahren aussehen kann. Das muss man jetzt nicht einfordern, dass das Leben ständig eine Party ist. Was aber die Regierung falsch macht, glaube ich, ist eine große Koalition. Eigentlich sollten die keine Parteizwänge haben, sondern in den vier Jahren als Fachleute, jeder auf seinem Gebiet, zupacken und übergeordnet von jeder Parteizugehörigkeit das Land in Schwung bringen. Sie können gerne Fehler machen, aber sie sollten zumindest den Menschen das Gefühl geben: wir machen, wir tun. Wir spielen vielleicht verdammt schlecht, aber wir spielen. Die spielen aber quasi gar nicht. Ich glaube, die Menschen nehmen die kaum noch wahr. Das Drama bei einer großen Koalition ist aufgrund einer fehlenden Opposition, dass die Menschen, aus Frust oder weil sie sich nicht ernst genommen fühlen, anfangen, im Kopf leicht nach rechts zu rücken. Das wäre natürlich fatal. Das war genau das, was bei der WM gut ging, auch mit den ganzen Fahnen und was da alles im Spiel war. Außer diesem “Steh auf, wenn du ein Deutscher bist”, das fand ich eher tragisch. Aber grundsätzlich war die Haltung eine sehr entspannte, und schlimm wäre das, wenn das jetzt plötzlich durch dieses Nichtstun und diese Langeweile, die die ausstrahlen, dass dadurch die Menschen nach rechts tendieren. Das wäre furchtbar. Darum geht es in dem Lied. Das ist eben eine Analogie mit Fußball, mehr eine Wortspielerei. Ich fand das ganz lustig, das anhand von Fußball zu beschreiben. Das Schlimmste ist, wenn man noch nicht einmal schlecht spielt, sondern gar nicht spielt, sondern nur blöd herum steht, aus Angst, was falsch zu machen, ins Nichtstun verfällt, oder nur kleine Dinge, die todsicher sind, zu machen. Wer kein Risiko geht, kann eben auch verlieren. Das ist ein bisschen meine Außensicht von England auf Deutschland, aber wenn ich mit Deutschen hier in Deutschland spreche, dann deckt sich das auch. Sicher steht der Song in einer Reihe mit “Die Härte”, “Grönland”, “Neuland” und “Luxus”. Wenn man an einem Land hängt und ich hänge an Deutschland, dann ist das so wie mit einem Partner, den man besonders liebt. Dann guckt man natürlich auch besonders scharf und was einem missfällt, das sagt man dann auch. So würde ich meine Beziehung auch beschreiben. Ich finde es einfach schade: Da sitzen zehn, fünfzehn Leute am Tisch, die gemeinsam was bewegen können, zumindest den Menschen das Gefühl geben, komm, wir machen hier was gemeinsam, wir ziehen hier mal richtig los. Dabei wird auch viel falsch gehen, aber dieses völlig Verzagte, das finde ich eine Gemeinheit. Das finde ich unfair. Das nervt.

Lied 6 ” Leb in meiner Welt
Das war auch ein relativ frühes Stück. Dann haben wir im Studio extrem versucht, das in den Griff zu kriegen, weil das auch eher so eine Klavierballade war, aber relativ lang. Ich finde den Text halt klasse. Das ist schwer über die eigenen Texte zu sagen. Ich find meine Lieder sonst nicht besonders, aber den Text mag ich, weil der nicht zynisch, sondern so tongue in cheek ist. Der ist ein bisschen show-off, ein bisschen angeberisch. Ein angeberisches Liebeslied von jemandem, der vielleicht wahnsinnig unsicher ist und das überspielt, indem er sagt: Komm, ich leg dir die Welt zu Füßen. Ich bin ein toller Typ. Ich mag den Text halt gern, ich weiß auch nicht warum. Es gibt so Lieder, da weiß man von Anfang an, das liegt mir direkt nah. Musikalisch und textlich. Ich hatte wahnsinnig Angst bei dem Lied, dass mir kein Text einfällt. Ich habe dann auch x Texte geschrieben, die waren aber alle so pff. Dann habe ich auf den letzten Metern aus heiterem Himmel plötzlich diesen Text geschrieben. “Deine Träume deut ich nicht/Sie verlaufen sich/aber ich hör für dich wie das Gras wächst.” Das fängt schon sehr angeberisch an. So ein Liebeslied habe ich bisher noch nicht geschrieben, gefällt mir. Kann ich auch selbst nicht beschreiben, muss man selbst hören. Musikalisch gefällt es mir auch. Das ist sehr grönemeyerisch, im Sinne von Randy Newman, den ich ja sehr verehre. Da gibt es so typische Anklänge wie ich auch schreibe. Sicherlich nicht das modernste oder abgedrehteste Stück, aber einfach stimmig.

Lied 7 ” Ich versteh
Das ist der Versuch über jemanden, der das Gefühl hat, er kann nicht mitreden und der aber nicht mitreden will bei den Debatten. Das kenn ich noch selber aus den Endsechzigern. Hattest du kein Hegel, Kant und Marx gelesen, warst du eh schon doof. Und heutzutage auch dieses alles Sezieren, man hat halt alles gesehen. Da gibt es auch Menschen, die sagen, ich bin vielleicht etwas schlichter, habe vieles auch nicht gelesen, aber grundsätzlich heißt das eben nicht, dass ich doof bin. Ich versteh wirklich nur, was ich ausprobiere. Jemand, der einfach eher daran glaubt, das Leben kennenzulernen, indem er es ausprobiert als es zu zerreden. Der Alex, mit dem ich zusammenarbeite, der zieht jetzt nach Berlin. Das war ganz interessant. Der sagt von seiner Sicht: Wenn du in Berlin mit Leuten abends ausgehst, dann sitzen die bis drei in der Kneipe oder im Restaurant, haben alles durchdiskutiert und gehen dann alle traurig nach Hause. In England ist das anders. Da redet man zwanzig Minuten über ein Thema, ernst und auch sehr argumentativ. Dann ist aber auch wieder gut. Dann geht man bestimmt nicht abends, weil man ein bestimmtes Problem nicht gelöst hat, traurig nach Hause. Das Leben besteht halt nicht aus Theorie, sondern das Leben besteht aus Praxis, aus gelebtem Leben und nicht geredetem. Das weiß ich von mir selber auch. Ich habe lieber etwas gemacht, auch wenn es nicht den größten ideologischen Unterbau hatte, aber es passierte eben was. So ist das auch mit Platten. Ich mach die halt. Letztendlich ist es das, was ich in dem Moment mache. Das geht dann auch nicht besser oder schlechter. Das ist so. Aus. Da kann ich hinterher auch nicht stundenlang debattieren, hätte ich noch, wollte ich noch, das hätte ich noch besser. Das bin jetzt nicht ich, nur weil ich hier “Ich” singe, aber es sind Dinge, die ich unterschreibe. Den Text habe ich ziemlich spät nachts geschrieben und war am nächsten Morgen auch ganz verblüfft. Normalerweise schreibt man nachts irgendwelche Texte und denkt am nächsten Morgen: Mein Gott, was war das denn” Aber dieser hatte Bestand, war gut und passte auch auf die Nummer. Musikalisch ist das ein ziemlich einfaches Stück, eines der wenigen, was ganz dicht nur Alex und ich wieder gemacht haben, ähnlich wie “Mensch”. Er spielt Bass und hat programmiert, Armin spielt wohl noch Schlagzeug und ich Klavier. Ganz schnell und kurz entstanden. Ich mag die sehr gern, die Nummer.

Lied 8 ” Ohne dich
Das ist der Zustand, wenn man sich von jemandem trennt und denkt, das wird alles nichts, das ist grausam. Derjenige lässt einen langsam auch am langen Arm verhungern. So ein bisschen wie “Flugzeuge im Bauch”, aber in positiv. Man hat eine Situation, in der man noch liebt, aber der andere merkt das, genießt das, will einen aber so ganz langsam abservieren. Dann zieht man irgendwann die Reißleine und kann sich gar nicht vorstellen, ohne den anderen klarzukommen, stellt aber plötzlich fest, warum hab ich das nicht schon drei Jahre früher getan. Der dann einfach freudig sagt: Es geht mir im Grunde genommen viel besser. Das kann man sich theoretisch gar nicht vorstellen, aber das ist wieder dasselbe: wenn man es nicht ausprobiert, dann erfährt man es auch nicht. Der hat es halt ausprobiert, hat die Reißleine gezogen und findet das einfach wunderbar. Schickt der Liebsten oder dem Liebsten die freudige Nachricht hinterher, mir geht es richtig gut, mir es geht es sogar noch besser oder doppelt so gut als in der Zeit, als ich mit dir zusammen war. Das überrascht mich selber. Das Leben hat”s gut gemeint. Die Entscheidung war richtig, dass ich gegangen bin. Für denjenigen, der Gefühle investiert hat, ist das sicherlich der schwerste Schritt, aber”such mal was anderes. Sicherlich ist das auch gesunder Sarkasmus, aber sicherlich auch das, was man sich nicht vorstellen kann. Ich glaube, wenn man sich von Zwängen befreit, selbst, wenn man die lieb gewonnen hat, ist es auch die Chance des Neuanfangs. Und das kann einem richtig gut tun und oft Kräfte freisetzen. Derjenige, der das erlebt, sich sagt, hätte ich gar nicht gedacht, dass es mir noch einmal so richtig gut geht. Klar, natürlich ist das auch ein bisschen sarkastisch. Musikalisch war das eine Nummer, die ich im Studio ganz kurz vor dem Abschluss des Albums geschrieben habe. Wollte ich noch unbedingt aufnehmen, obwohl wir eigentlich gar keine Zeit mehr hatten. Das ist auch quasi das Demo, das haben wir in einer Stunde eingespielt. Da ist auch nichts mehr dran geändert worden.

Lied 9 ” Spur
Das ist so dieses Lonesome Cowboy Ding. Aber auch über jemanden, der immer versucht hat, (über) die Grenzen zu gehen. Dabei natürlich auch das Risiko geht, dass er sich dadurch übernimmt. Er sucht das Heil auch in anderer Menschen Scherben. Der ist auch ständig in so einer Retterfunktion. Der aber als Cowboy, wenn er dann wieder weg reitet, die einzige Chance sieht, sich zu erden, indem er versucht, sich zu finden. Ein bisschen dieses Lonesome Cowboy Lied. Dieses Ausreißen. Die Sehnsucht nach Einsamkeit. Mit sich selber allein sein. So ein bisschen Lost Highway. Das war der allerletzte Text, den ich geschrieben habe. Da wusste ich auch nicht so recht, was schreibst du jetzt noch. Habe ich dann mit Arezu Weitholz zusammen geschrieben. Und fand so ein paar Sachen ganz lustig. Wenn ich in der Oper sitze und halt es nicht aus, weil mich die Geschichte langweilt. Ich muss raus hier. Wenn ich was nicht versteh ” ein bisschen analog zu dem “Ich versteh nur was ich seh” ” da kapier ich nichts. Und wenn ich mit mir im Unreinen bin, mach ich mich wahnsinnig und muss wieder zur Ruhe kommen. Der Versuch, ein deutsches Cowboy-Lied zu schreiben. Weil das musikalisch auch da war, die Gitarren das vorgaben. Der Gitarrenfilz. Dieser Beat. Große amerikanische Straßen. Einsam irgendwo wegfahren und dann wieder zu sich kommen. Wer bist du eigentlich” Was machst du hier eigentlich” Du gehst nur an deine Reserven und prügelst das Letzte aus dir raus. Wie erdest du dich wieder” Erden kannst du dich am Besten, wenn du in Ruhe für dich bist und keiner will was von dir. Ein bisschen das Einzelkämpfertum.

Lied 10 ” Zieh deinen Weg
Das habe ich für meine Kinder geschrieben, die jetzt beide ins Leben rausgehen. Das war der Anlass. Um den beiden in dem Lied ein paar Sachen mitzugeben, auch wenn das jetzt eigentlich zu pathetisch klingt. Was kannst du Kindern erzählen” Vielleicht in dem Lied sogar besser. Du setzt dich ja nicht mit denen an den Küchentisch und sagst: Pass auf, benimm dich so. Die meisten Dinge wissen sie eh und haben sie auch gelernt. Was sind so Dinge, die man selber gerne getan hätte oder wie man gerne wäre” Gar nicht, dass ich das selbst hinkriege. Das sind einfach so Tipps. Wie kann man sich das Leben lebenswert und lustvoll gestalten” Wichtig ist auch ein Respekt vor anderen, auch vor anderen Meinungen. Sie haben auch viel durchgemacht, auf der anderen Seite kommen sie aus einem sehr geborgenen, auch finanziell geborgenen Haushalt. Wie mein Vater mir noch gesagt hat, als ich ihm erzählte, wie erfolgreich “Mensch” ist und er schon sehr schwer krank war: Werde bloß nicht arrogant. Das war für ihn immer sehr wichtig. Wie bleibt man mit sich im Reinen, ohne anzufangen, sich über andere zu stellen” Sich zu integrieren. Du bist etwas Besonderes so wie jeder Mensch etwas Besonderes ist, aber du bist dadurch nicht etwas Besseres. Ein bisschen ist das an dem Cat-Stevens-Lied “Father And Son” angelehnt. Ganz anders, aber der Versuch, was kann man in dem Lied als Text schreiben, was man glaubt, was man selbst im Leben vielleicht nicht ganz hingekriegt hat. Etwas für Kinder, die das dann irgendwann in Ruhe lesen, wie auch immer. Das war ein Thema für einen Text, das ganz schön ist, und es passte auch zur Musik. Die Musik ist eher so ein bisschen Ambient und geht am stärksten auf “Bleibt alles amders” zurück. Einfacher, laufender Bass, Sequencer, eine Fläche, Geräusche vom Hubschrauber. Dahinter ein Chor gesungen. Die Nummer ist relativ linear. Zum Schluss haben wir noch ein Bonham-Schlagzeug draufgesetzt. Damit das ein fließendes Ding ist. Das umgekehrte Lied zu “Spur”, wo es um einen Einzelkämpfer geht. Hier geht”s um Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, die ins Leben raus gehen. Wie schafft man es da, sich zu behaupten, aber gleichzeitig das Leben zu genießen und auch den Respekt voreinander zu begreifen.

Lied 11 ” Zur Nacht
Der Versuch eines Schlaflieds. Das ist das Lied zur Guten Nacht, weil, die ist ja so gut. Was tut die einem Gutes, nämlich, dass man da abschalten kann. Das ist so ein bisschen das Spiel mit der Guten Nacht. Warum heißt die eigentlich die Gute Nacht” Da habe ich mal drüber nachgedacht. Was tut die eigentlich” In der kannst du alles geben. Generell, wenn du in diesem Wahn lebst, dann schließt das auch an “Kopf hoch, tanzen” an. Es ist jetzt mal gut. Du wirst immer leerer. Du pumpst dich leer. Mach dich nicht kirre. Weil, du hast ja das Glück, es kommt die Gute Nacht, die nimmt dir alles weg, den ganzen Mist, der sich aufgestaut hat und auch deine eigenen Schuldgefühle. I don”t do guilt anymore, wie die Engländer so schön sagen. Aber auch der Versuch eines Schlaflieds. Ich hab noch nie eines geschrieben. Bei Konzerten habe ich dann immer “Der Mond ist aufgegangen” gesungen. Die Musik bot sich auch an, weil es eine stille Ballade ist. Ich wollte jetzt nicht wieder ein Liebeslied schreiben. Ich dachte, es wäre auch ein schönes Gute-Nacht-Lied. Dann habe ich da rumgebastelt und zur Guten Nacht fand ich irgendwie gut. Sie kümmert sich auch. Der Abend, wenn man sich sagt, ist jetzt mal gut. Gerade die Platte hat extrem viele Nerven gekostet, alles, was da so dazu kommt. Dann habe ich mich abends immer gefreut und mir gesagt, jetzt hör auf und entspann dich mal. (“) Ich mach die Musik immer komplett fertig. Die muss sogar soweit fertig sein, dass ich keine Ausrede mehr habe, nicht zu texten. Das ist für mich ein extremer Kampf, jedes Mal. Ich kann mir vor einer Platte nicht vorstellen, dass ich überhaupt einen Text zustande kriege, weil es für mich jedes Mal so ein Berg ist, wo ich denke, diesmal kommst du wirklich nicht hoch. Das wird auch mit zunehmendem Alter nicht einfacher, ehrlich gesagt. Ich setze mir deswegen auch wie im Theater einen klaren Termin. Wenn ich keinen Termin zur Premiere hätte, der jetzt eben ist, dann würde ich eine Platte auch nie fertig machen. Dann hätte ich immer andere Sachen. Dann würde mir ständig was Neues einfallen. Ich würde neue Nummern schreiben. Ich würde quasi nie aufhören. So weiß ich, du musst fertig werden. Du musst texten, mit dem großen Risiko, dass du nur Grütze schreibst. Diesen Druck brauche ich einfach. Die Musik ist immer fertig, obwohl ich diesmal schon wesentlich früher angefangen habe, Themen zu sammeln. Ich merke, je älter ich werde, den Druck, den ich mir aufbaue, dass der an den Rand des Irrsinns geht. Es wird dann doch schwieriger. Früher habe ich dann doch im positiven Sinne naiver, Platten schneller gemacht, mir auch gar nicht mehr viele Gedanken gemacht. Deswegen sind so Lieder wie “Kopf hoch”, auch dieses Denken abzuschalten. Wie schaffst du es auch beim Texten nicht zu viel zu denken, dass du dich nicht verschraubst” Ich wollte der Platte auch eine Lebensfreude geben und sie hat viel Musik, ist dicht und hat aber auch etwas Leichtes. Außer vielleicht “Marlene”. Das ist sicherlich kein ganz einfaches Lied. Aber grundsätzlich denke ich, ist es sehr lebensbejahend. Das hier war immer ein Lied: Leg dich hin und jetzt ist gut.

Lied 12 ” Liebe liegt nicht
Liebe liegt nicht in der Luft ist halt ein Spaßlied mit diesen ganzen Liebesliedern. Eben auch angelehnt an “All You Need Is Love”. Ich singe dann auch: Liebe ist nicht alles, was du brauchst. Drehe das halt um, zum Schluss der Platte. Was kannst du über Liebe sagen” Im Grunde genommen ist das der Schlusstusch. Ein bisschen wie im Theater auch. Alle kommen an die Rampe und singen noch mal irgendeinen Kappes. Da wollte ich am Schluss noch mal eine große Koda dranhängen. Dachte, über Liebe würde ich eben singen: Liebe ist ja alles schön und gut, ist auch alles wunderbar, aber man soll nicht denken ” das ist auch nichts hoch Intellektuelles ” dass das alles löst. Oft träumt man ja, au ja, wenn ich jetzt jemanden hätte, wenn ich den treffe und könnte mich neu verlieben, dann lösen sich parallel alle meine Probleme. Das stimmt einfach so nicht. Liebe löst überhaupt keine Probleme, nur Liebe kann einen stützen, an seinen Problemen besser herumzufummeln, als wenn man alleine wäre. Aber die Liebe an sich regelt gar nichts, sie tut einem aber gut, bringt einen anders drauf, aber das war”s dann auch. Mehr ist da auch nicht. Liebe löst auch nicht die Probleme der Welt. Im Grunde genommen ist das ein Wortspiel, kein intellektueller Exkurs. Eben nicht “All You Need Is Love”, sie ist nicht alles, was du brauchst, aber sie tut dir gut. Ein bisschen reduzierter. Sicherlich musikalisch ein rückblickender, ein klassischerer Grönemeyer, ein klassischer Rock-Track. Theatralische Streicher. Doors” Whiskey-Bar. Brechtsche Streicher. Sehr theatralisch. Großes Finale. Ich hatte schon endlose Seiten geschrieben, was Liebe alles nicht macht. Das war dann aber völlig peinlich. Dann habe ich alles zusammengekocht. Das Einzige, was ich ganz gut finde: Liebe schmeißt nicht ständig Reis. Einfach ein Schlusslied. Im Kopf die Leinen los. Am Schluss noch einmal das Motto der Platte. Im Kopf die Leinen los, Treue geschworen und nichts wie raus in die unendliche Weite. Komm, hör dir die Platte an oder hör die eine andere Platte an, was auch immer. Zermartere dir nicht das Hirn und freu dich für die nächsten vier Minuten am Leben. Eignet sich auch als Schluss für ein Konzert. Das ist dann der Schluss. Am Anfang fängt es relativ opulent an mit “Stück vom Himmel” und hört dann auch mit dieser Koda relativ theatralisch auf. Dazwischen spielt sich ein kleines Stück vom Leben ab. Insofern ist die Platte etwas linearer, ist für mich wie ein zusammenhängendes Stück fast. Sie springt jetzt nicht ständig hin und her, sondern ist etwas kompakter. Das ist mir bis jetzt so noch nicht gelungen. Sie hat ihre eigene Farbe. Kann man sich gut anhören und sie ist nicht wie “Mensch”, das ist mir auch sehr wichtig. Ich bin froh, dass es sie gibt, und bin auch froh, dass ich sie jetzt fertig habe.

 

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Beschreibung

Trackliste

1 Lied 1 – Stück Vom Himmel 4:06
2 Lied 2 – Kopf Hoch, Tanzen 3:54
3 Lied 3 – Du Bist Die 3:45
4 Lied 4 – Marlene 3:38
5 Lied 5 – Flüsternde Zeit 3:41
6 Lied 6 – Leb In Meiner Welt 4:22
7 Lied 7 – Ich Versteh 3:28
8 Lied 8 – Ohne Dich 4:10
9 Lied 9 – Spur 3:47
10 Lied 10 – Zieh Deinen Weg 4:04
11 Lied 11 – Zur Nacht 3:01
12 Lied 12 – Liebe Liegt Nicht 6:40

 

Zusätzliche Informationen

Gewicht 0,1 lbs
Größe 14 × 12 × 1 in
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